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September
2024

Zwischen den Welten - Verbinden heilt

In den letzten Jahren wird unser Gefühl bestärkt, dass wir zwischen den Zeiten, zwischen den Welten stehen. Das wir zerrieben werden von Krisen und Polarisierungen. Ob Kriege, Politik, tödliche Klingen, ideologisch geprägte Debattenkultur, Wohnungsnot oder neue Blockbildungen - alles verhärtet sich in eindimensionalen Zuspitzungen. Die Stimmung ist auf Spaltung gestellt.

Das Gewohnte, unser so sicher geglaubter Standpunkt verdampft im Aufgehitzten, während um uns und vor uns der Nebel des Neuen wabert – beängstigendes Grau, tödliches Stakkato im Osten, vergilbendes Recht gleitet uns aus der Hand.

Uns dämmert: Die Zeiten ändern sich. Trotz Klimawandel scheint es, als begänne die Sonne sich hinter die Ränder der Welt zurückzuziehen. Vom diffusen Zwielicht umgeben, bleibt Unklarheit im Urteil, bleiben uns verborgen einfache Lösungswege. Wir wissen, dass wir nicht wissen.

Und da ist etwas, das uns Angst macht: Totgehoffte Geister ziehen auf. Voller Härte und doch gleichzeitig so konturenlos, so ungreifbar nach Macht haschend. Sie verrücken Grenzen. Sie verschanzen Grenzen. Sie machen manches gut, machen vieles böse. Winden sich, wenden sich, wehren sich. Lügen. Und sie lassen tief blicken in unsere Abgründe. Es ist ein unbekanntes Es im Wir, ein Wesen, das aus längst verschlossenen geglaubten Tiefen aufsteigt und die Massen mitnimmt. Heraufbeschworen mit Hass. Was bist du? Ein Höllenschlund, der sich zu öffnen beginnt? Der überkommt und übernimmt?


Und hier stehen und weben wir an dem roten Faden der Geschichte, der so brüchig, so ausgefranst wirkt wie Erzählungen aus alter Dunkelheit. Was hält stand? Kauft die Zeit auf, denn die Tage sind böse.

Jetzt ist die Zeit gekommen für Menschen, die zwischen den Welten unterwegs sind.

Die wissen, dass es ja eigentlich nur eine Welt ist. Die mehr verbinden als trennen. Menschen, die suchen und deswegen finden werden, weil sie den Modus des Suchens nicht abschließen. Die auf dem Weg bleiben. Die das Ego zurückstellen. Menschen, die offen sind, weich bleiben und gerade in der Schwachheit Stärkung erfahren für ihre Positionierung und ihre Gestaltung. Die festen Schrittes durch die Täler der Zeit gehen. Menschen, die Zwischentöne hören, die Subtexte lesen und die Geister unterscheiden können. Die dem Weg der Wahrheit und des Lebens nachfolgen.

Es wird Zeit für eine neue Empfindsamkeit.

Empfindsamkeit für die Schnittstellen und Kipppunkte. Für ein Gehör, das Zwischentöne wahrnimmt. Das um die Freude der Polyphonie, der Mehrstimmigkeit weiß. Für Augen, die klarer am ersten Ansehen vorbeisehen. Die wissen: der Mensch sieht, was vor Augen ist – Gott aber sieht das Herz. Es wird Zeit Achtsamkeit für sich und Empathie für die Anderen aufzubauen. Empathie bleibt nicht bei sich selbst stehen, sondern umkreist und bildet Gemeinschaft. Es wird Zeit für Menschen, die in Beziehungen denken und diese lebendig lenken. Die Wahrheit suchen und weise urteilen und mutig unternehmen.

Wer in diesen Zeit nicht zerrieben werden will zwischen den Welten, der braucht Verbindung und Ausrichtung. Von der Ausgrenzung zur Umarmung heißt eins der großen theologischen Werke der Neuzeit von Mirosalv Wolf. Dreh- und Angelpunkt ist das Gleichnis des verlorenen Sohnes, der zurück in die Umarmung des Vaters kommt, wo die Freude groß ist und das Leben neu beginnt. Was verbunden wird, wird heilen. Und was verheilt ist, kann auch wieder weiter wachsen.

Wer hält stand? Der sich verwurzelt weiß an der Quelle des Lebens. Der sich auf den Weg des Lebens macht und das Böse mit dem Guten überwindet. Der aus der Ruhe in die Kraft kommt.

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Sep 24, 2024

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Autor

Tobias Siebel

Tobias Siebel hat nach seinem Germanistik- und Theologiestudium an der Ruhr-Universität Bochum viele Jahre als Marketingleiter der Fitnessstudiokette FitX, der Hoffnungsträger Stiftung und des Ladesäulenanbieters Compleo Charging Solutions gearbeitet. Mittlerweile ist er selbstständiger Berater für Marken- und Geschäftsentwicklung. Er ist der Initiator der Konferenz.

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